Freitag, 23. September 2016

Nachtrag zum 15.09. 2016 Vormittags: David gegen Golliath


Wie die Überschrift vermuten lässt, war dies ein Tag der Gegensätze. Es stand ein Besuch bei Anglo American - einem der welweit größten Minenunternehmen - und einer durch MISEREOR unterstützten Aktivistengruppe auf dem Programm. Zunächst möchten wir euch unsere ersten Eindrücke aus der Kohleabbauregion rund um Witbank, dem heutigen eMalahleni, unserem nächsten Stopp, schildern.
Nach anstrengenden und ereignisreichen Tagen in Johannesburg waren wir froh die Stadt zu verlassen. Auf dem Weg begneteten uns zunehmend mehr Kohletransporter. Am Horizont wechselten sich dichte Rauchschwaden der vielen Kohlekraftwerke mit riesigen Abraumhalden des Steinkohletagebaus ab. Das eigentlich so fruchtbare Land wirkte trist und unbewohnbar. Trotzdem sahen wir auch hier kleinere Städte und informelle Siedlungen, bestehend aus den aus Johannesburg bekannten Shacks.
An unserem ersten Tag besuchten wir eine von Anglo American betriebene Wasseraufbereitungsanlage. Ein Hauptproblem des Kohleabbaus stellen saure Grubenabwässer (pH-Wert<2 ) dar, die im Umfang von mehreren Millionen Litern/ Tag aus den Mienen gepumpt werden. Beeindruckt hat uns, dass die Anlage bis zu 99,5 Prozent des Wassers reinigen kann.
Neben der Besichtigung war es unser Ziel Anglo American zu ihren Praktiken im Kohleabbau zu befragen.
Im Vorfeld der Exkursion haben wir uns hierfür intensiv mit der von MISEREOR durchgeführten Studie "Wenn nur die Kohle zählt" (Link) auseinandergesetzt, die wir nur empfehlen können. Im Verlauf des Gesprächs wurde deutlich, dass sich Anglo American als sauberen und nachhaltigen Minenkonzern präsentierte. Sie versichterten ökologische und soziale Standards einzuhalten und mit Bevölkerung und Regierung zusammenzuarbeiten. Sobald wir Anglo American mit Erkenntnissen der Kohlestudie konfrontierten und so den Finger in die Wunde legten, änderte sich die entspannte Gesprächsatmosphäre schlagartig. Schuldig für die sozioökonomischen und ökologischen Folgen des Kohleabbaus waren stets die Altlasten des historischen Abbaus (seit Ende des 19. Jh.), die Handlungsunfähigkeit der Regierung und kleinere Unternehmen, die sich nicht an die "Spielregeln" halten würden.
Wasseraufbereitungsanlage Anglo American (Gottsacker - MISEREOR)


Zwiegespalten durch die gegensätzlichen Schilderungen durch Anglo American und die Kohlestudie machten wir uns auf zu einem Treffen mit South African Green Revolutionary Council (SAGRC) unter Leitung von Mathews Hlabane, einem charismatischen Mann aus der Region. Mathews hielte eine authentische und emotional höchst geladene Rede. Seit 1986 steht er für die lokale Bevölkerung ein und kämpft gegen die Minenriesen und die Regierung. In seiner Rede beschrieb Mathews das durch den Kohleabbau verursachte Leid der Menschen, die Skrupellosigkeit der Minenunternehmen sowie die Unfähigkeit und/oder das mangelnde Interesse der Regierung für die Menschen einzustehen. Er schilderte uns, wie die Menschen vor Ort zwangsläufig verseuchtes Trinkwasser benutzen müssen. Sauberes Trinkwasser müssten sie kaufen und dafür hätten viele nicht das Geld. Tag und Nacht seien die Menschen dem Kohlestaub ausgesetzt. Er beschrieb, wie sich die ökologische Belastung dramatisch auf die Gesundheit der Menschen auswirkt. Mathews berichtete in diesem Zusammenhang auch von Einzelschicksalen, die uns sehr betroffen machten.
Mathews Hlabane (Foto: Gottsacker - MISEREOR)

Am  Ende des Tages standen zwei Schilderungen und Ansichten über den Abbau von Kohle in eMalahleni, die verschiedener nicht hätten sein können. Ein besonders prägnantes Beispiel soll an dieser Stelle vorgestellt werden. Anglo American versicherte uns, dass sie das gesäuberte Wasser in das lokale Trinkwassersystem einspeisen würden. Mathews schilderte den gleichen Sachverhalt anders. So verkauft Anglo American in der Realität das gereinigte Wasser (was ohne sie übrigens nie verseucht geworden wäre) an die lokale Regierung, um dieses einzuspeisen.  Auch wenn nach dem Treffen mit den Aktivisten zunächst Wut, Verärgerung und Irritation über die Kohleunternehmen herrschte, beschlossen wir, als Gruppe, die nächsten Tage abzuwarten, um uns ein eigenes Bild machen zu können. Wir freuen uns, wenn ihr uns weiter dabei begleitet. Es lohnt sich!
Joke of the day: "What is a mine? A hole in the ground owned by a liar!" - told by Mathews Hlabane

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